Die von PlanBude und dérive kuratierte urbanize Konferenz 2016 im Hamburger Gängeviertel hat weit nach vorne gedacht – diese Vorträge sollten sie gesehen haben:
Granby 4 Streets Community Land Trust from PlanBude Hamburg on Vimeo.
Toxteth, Liverpool: Nach den riots Anfang der 80er will die Stadt den Abriss. Doch viele Bewohner*innen weigern sich, wegzuziehen. Als Mitte der Nullerjahre Anwohnerinnen die vom Amt schwarz verbretterten Fenster der geräumten Häuser bemalen, beginnt der Umschwung. Sie legen Gärten auf den leeren Grundstücken an, gründen einen Straßenmarkt und beginnen, sich selbst zu organisieren. Sie und stoppen das EU-finanzierte Abrißprogramm. Jetzt gehört das gesamte Viertel der Community selbst. Der Community Land Trust (CLT) repariert die Häuser und erfindet das ganze Viertel neu. Und schreibt nebenbei Kunstgeschichte: Das vom CLT beauftragte Architekturbüro Assemble Collective gewann mit dem Granby Projekt den Turner Preis. Talk von Michael Simon in Englischer Sprache.
Zur Wohnungsfrage / Andrej Holm from PlanBude Hamburg on Vimeo.
Obwohl es immer mehr interessante soziale und kulturelle Einzelprojekte gibt, wird die Chance auf eine Wohnung für die ärmere Hälfte der Bevölkerung immer schlechter. Zeit, das System dahinter in den Focus zu nehmen, zu analysieren – und zu ändern. Zeit, dickere Bretter zu bohren: Mietgesetzgebung, Wohnbaupolitik, Förderinstrumente. Der schlaue Berliner Stadtsoziologe und knitze Papst der Gentrifizierungskritik hat gerade eine Wohnraumstudie für die Berliner Linke verfertigt und jüngst in den Berliner Heften zur Geschichte und Gegenwart der Stadt mit Ulrike Hamann und Sandy Kaltenborn „Die Legende vom Sozialen Wohnungsbau“ dekonstruiert.
Gecekondu gegen Immobiliengigant und für Rekommunalisierug / Kotti & Co from PlanBude Hamburg on Vimeo.
Gecekondu gegen Immobiliengigant und für Rekommunalisierug
Zunehmend bestimmt die finanzdominierte Immobilienverwertung darüber, wer noch wo wohnen darf. Der Streit von Kotti & Co mit der „Deutsche Wohnen“ ist deshalb von Bedeutung über Berlin hinaus. Und anders als die meisten Mieter*innenproteste, steigen die Aktiven vom Kottbusser Tor auch in die Auseinandersetzung mit den politisch-wirtschaftlichen Strukturen ein. Matti von Kotti & Co wird ein paar Sätze zum Kotti und „dessen schneller Reise vom landeseigenen Wohnungsunternehmen an die Börse“ erzählen und was das von Bewirtschaftung bis zur Renditeerwartung für die Bewohner*innen bedeutet. Ohne allzuviele Umwege über das kaputte Soziale Wohnungsbausystem wird es dann um Kotti & Co‘s Rekommunalisierungsvorhaben gehen. Einerseits: Ein alternativer Weg der Wohnungspolitik, der nicht immer neue Scheinbündel auf die Strohfeuer privater Wohnraumversorgung wirft, sondern demokratisch und nachhaltig funktioniert. Andererseits:
Ein Versuch, als Nachbarschaft herauszufinden, wie aus Dauerprotest und -gemeinschaft eine Selbstverwaltung jenseits grüner Baugruppen oder autonomer Freiräume eigentlich aussehen soll.
Selbstorganisierte Siedler*innenbewegung und der Gemeindebau des Roten Wiens / Michael Klein from PlanBude Hamburg on Vimeo.
Vortrag von Michael Klein
Die Wiener Geschichte zeigt: Die informelle Siedlerbewegung gab den Anstoß zu einem der, umfassendsten, entschlossensten und größten sozialen Wohnungsbauprogramme. Die Rolle, die man der Siedlerbewegung zudachte, blieb letztlich eine ambivalente: Sie wurde einerseits gefeiert und unterstützt und andererseits in die Strukturen des lokalstaatlich geplanten Gemeindebaus eingegliedert; und selbstbewusste Stadtproduzent*innen wurden in ihrer Praxis politisiert, fanden sich aber zugleich in einer passiven Position wohlfahrtsstaatlich versorgter Wohnraumkonsumenten wieder.
Michael Klein ist Autor von „Modelling Vienna – Real Fictions in Social Housing“ Turia+Kant 2015 und „The Design of Scarcity“, Strelka Press 2014
Neue Nachbarschaft / Moabit / Marina Naprushkina from PlanBude Hamburg on Vimeo.
2013 gründete die Künstlerin Neue Nachbarschaft // Moabit. Heute eine der größten Flüchtlingsinitiativen Berlins, sieht Naprushkina den Ort eher nicht als ihr Kunstprojekt. „Die anarchische Sprachschule ist ein Kollektiv der besonderen Art, das sich jedesmal neu formiert. Ohne Stundenplan und Abschlusszeugnis. Irgend etwas scheint Marina Naprushkina richtig zu machen.” wundert sich das ZDF. Ihr Buch Neue Heimat? Wie Flüchtlinge uns zu besseren Nachbarn machen, reflektiert die Erfahrungen mit der Neuen Nachbarschaft // Moabit.
NEUBAU – Aleppoer Weg Jörg Leeser / BeL Architekten from PlanBude Hamburg on Vimeo.
Lässt sich Aneignung und „Selbermachen“ hochskalieren? Neubauten für 10 Millionen Menschen in 12 Jahren: Wie das geht, zeigt das Kölner Büro BeL auf der aktuellen Biennale in Venedig. Dabei setzen die Architekten auf eine Kombination aus effizienten Großstrukturen und 50% Selbstbau, auf citynahen Neubau statt Obergrenzen Panik. Was derzeit fast utopisch klingt, setzen BeL in Bezug zur Geschichte der Nachkriegszeit: Auch damals bekamen 10 Millionen Flüchtlinge überall Siedlungen gebaut, über 1000 mal gibt es die „Königsberger Strasse“ aus den Fünfziger Jahren. Anders als damals, plant BeL den „Aleppoer Weg“ mit Gemeinschaftsflächen und urbaner Infrastruktur, mit modularen Elementen und genug Platz, statt Folgeunterkunftsgedränge, zentral und mit hoher Dichte, mit selbstgemachter Unterschiedlichkeit. Skalierung Galore!
Unterschiedlichkeit trotz Standardisierung / ContainerUni Friedrichshafen / Margit Czenki und Christoph Schäfer from PlanBude Hamburg on Vimeo.
„Nutze das Provisorium und sorge dafür, dass später alle diesem Zustand nachweinen…“ Die Künstler*innen Margit Czenki und Christoph Schäfer organisierten eine beschleunigte Wunschproduktion für einen temporären Campus der Zeppelin Universität aus 180 Containern und einer Schnellbauhalle. Teile der ContainerUni wurden individuell durch Mitarbeiter*innen und Studierende angeeignet. Das Ziel: Unterschiedlichkeit trotz Standardisierung zu ermöglichen, wurde modellhaft umgesetzt, mit einem „Open Test Haus“ nur für Studierende („The Hausordnung does not apply“), einem rundum gepolstertem, retro-futuristischem „Mondcontainer“ und einem 1:1 Nachbau von George Bernhard Shaws rotierendem „Writing Shed“ auf dem Dach: Intensive Beteiligung und Raumqualität sind auch unter Zeitdruck machbar.
Flucht nach vorn / Doris Kleilein über migrantische Architektur und Notstandsurbanismus from PlanBude Hamburg on Vimeo.
Doris Kleilein über migrantische Architektur und Notstandsurbanismus: Die Redakteurin von bauwelt.de ist verantwortlich für besonders gelungene Themenhefte, die die Architekturen des Alltags analysieren und deren Qualitäten anschaulich machen. Ihre Vortrag über migrantische Architektur rückt übersehene Bau- und Stadtentwicklungspraxen in den Focus – und konfrontiert die „Arrival City“ mit dem behördlich geplanten Notstandsurbanismus.
Hinz & Kunzt und Vinzirast-mittendrin from PlanBude Hamburg on Vimeo.
Die Architekten gaupenraub+/- aus Wien haben ein menschliches Haus für Wohnungslose und Studierende gebaut, das urbane Wohnqualität aus knappem Raum herausholt. Stefan Karrenbauer von der Wohnungslosen-Zeitung Hinz & Kunzt konfrontiert die Innovation mit der Hamburger Unterkunfts-Realität.
Stephan Karrenbauer, Hinz und Kunzt, Hamburg
Über die Zustände in den Notunterkünften erfährt man sehr wenig. Soviel ist klar: Die Situation ist schlecht. Denn zwischen den Städten findet ein unausgesprochenes Wettrennen statt: Wer schreckt die Habenichtse am besten davon ab, in die eigene Stadt zu ziehen? In Sachen inhumane Unterkunft spielt Hamburg ganz vorne mit. Stefan Karrenbauer ist Experte fürs Thema und Mitarbeiter von Hinz und Kunzt – das Strassenmagazin wird von Wohnungslosen verkauft und ist zugleich das ernsthafteste und meistgelesene Blatt für Berichte über Kultur und selbstorganisierte Projekte in Hamburg.
gaupenraub +/- Architekten, VinziRast mittendrin, Wien
Im Wiener Unistreik 2010 lernten sich Besetzer*innen und Obdachlose kennen. Daraus entstand die Idee für Vinzirast-mittendrin, ein Projekt das ALLES richtig macht: WGs mit kleinen privaten Rückzugswohnräumen für Studierende und Obdachlose, kluge Gemeinschaftsräume, Arbeitsplätze im eigenen Café, Werkstätten für die Nachbarschaft – und zahlreiche Möglichkeiten, um sich aus dem Weg zu gehen. Und all das mitten im Zentrum Wiens. Die Architektur stammt von gaupenraub, Alexander Hagner und Ulrike Schartner, die von der Struktur bis ins Detail ein Modell für anderes, verdichtetes, sparsames und dennoch luxuriös und großzügig gedachtes Zusammenleben geschaffen haben.
Alle Videos gibnt es auf der PlanBude GmbH Vimeo webseite hier:
https://vimeopro.com/planbudehamburg/urbanize-2016-housing-the-many-stadt-der-vielen